Nikolausgedicht
Jugendleiter Gerhard Schmidt versetzt sich (als Nikolaus verkleidet) in …..
Die Gedanken eines Jungschützen (oder wie sie aussehen könnten)
Freitag; Schulschluss; endlich Wochenende.
Halt, da war doch noch was – ach ja, Übungsschießen heut` abend im Schützenhaus. Soll ich überhaupt hintergehen oder weiter Game Boy spielen oder fernsehsschau`n? Hm, ich glaub, ich gehe doch hinter – sind ja alle andern auch hinten.
Wenn ich den Berg zum Schützenhaus raufgehe, san bestimmst schon wieder ganz viel da. Ich verstehe gar net, warum die so früh schon hinten san, wenn`s doch erst um halbe sechse anfängt – ich gehe ja zwanzig Minuten vorher, weil ich ja ganz vorn an der Tür stehen mag, damit ich als erster reinkann – aber die müssen ja schon um fünfe kumma. Also muss ich das nächste Mal noch früher gehen.
So, jetzt muss ich mich ein bisschen zur Tür vordrängen, denn wenn ich bei den ersten bin die reinkommen, dann bin ich auch einer von den ersten, die unten am Gewehrschrank stehen und bekomme genau das Gewehr dass ich will. Denn wenn ich kein leichtes Pressluftgewehr krieg, dann brauch ich gar net schießen, weil ich mit einem andern Gewehr nix triff.
So – des mit dem leichten Gewehr hat ja hing´haut und jetzt kommt bestimmt wieder des gleiche Gelalle wie immer: Jacke und Handschuhe anziehen; Blindanschlag machen; Konzentrieren; ins Ziel gehen und langsam abdrücken – immer dieselbe Leier – da müßt ich ja lauter Zehner schießen.
Zwanzig Schuss soll`n wir heut machen – gute Schuss hat er g`sagt – weil mir irgend so ein Vergleichsschießen demnächst haben. Aber wenn ich da nicht dabei bin, dann macht mir des auch nichts aus.
Na ja, dann fang mer halt mal an. Bumm – schon ist er ins Holz rein und ich hör schon wieder: konzentrieren! Aber der ist ja ganz von alleine losgegangen; ich bin ja gar nicht hingekommen. Bei den nächsten Schüssen wird’s schon besser werden.
Wie, was hat denn der neben mir geschossen? Der trifft ja gleich gar nichts. Ich hab wenigstens schon dreimal ins Schwarze troffen. Aber jetzt muss es bestimmt ein Zehner sein. Was – ein fünfer, das gibt’s doch gar nicht. Hoffentlich hab ich in der Matheschulaufgabe keinen Fünfer, denn dann gibt’s wieder Stress dahoam. Jetzt schieß ich schon wieder kaum einen vierer – das muß doch an dem Scheißgewehr liegen. Soll ich ein bisschen drehen oder nicht? Aber da kommt ja schon unsere Aufsicht, legt auf – und schießt einen Zehner und sagt, dass das Gewehr stimmt. Ja, wenn ich auflegen dürfte… .
Der da drüben, der da steht wie ein Fragezeichen – wenn der was trifft, dann fress ich einen Besen. Und die kloane kasige, die heute das erste mal da ist, die weiß ja gar nicht, was ein Gewehr ist – die kann`s ja noch gar net heb`n.
Apropo Fragezeichen – der schießt ja gar net schlecht, der ist besser wie ich – muss ich mich auch wieder ein wenig zàmreißen. Wie ham`s g`sagt: Grundstellung, konzentrieren, ins Ziel gehen, abdrücken, Schuss nachschauen – so ein Schmarr`n. Die kumma mir vor, wie mein Vater: immer alles besser wissen. Aber die letzten drei Schuss waren jetzt ganz gut. Zur Olympia reicht`s zwar net ganz, aber des is mir auch wurscht.
Warum sagt jetzt der, dass ich mich besser anstrengen soll, damit ich mehr schieße. Der soll doch froh sein wenn ich überhaupt komm, denn sonst stand er allein da runten. Ich könnt` schon – wenn ich möchte!
Und jetzt gehe ich rauf und fress den Bresen bzw. kauf ich mir ein paar Gummikrokodile oder schau was sonst noch hab`n.
Ja, da oben ist ja der Teufel los! Tischtennis, Darten und Computern – muss ich schauen, was ich mach. Tischtennis ist nix für mir – da muss ich zu viel laufen und verlier immer. Computern wäre super – sind aber schon zu viele an der Kiste. Also bleibt mir nur noch Dart. Da brauch ich auch nicht so zu zielen wie beim Schießen; das ist mehr eine Glückssache.
Werfe ich zwei Fünfer nacheinander, da muss ich wieder an die Matheschulzen denken – ach was, wird schon gut gehen. Die Kleinen an der anderen Scheibe werfen so daneben, dass bald der ganze Putz vor der Wand fliegt – die haben ja Null Ahnung; soll`n sie doch lieber wieder Fensterbilder machen. Da würde ich ja auch gerne mal eines machen, aber ich lass mich doch nicht auslachen von denen.
So, jetzt wird’s Zeit, dass mal ein paar heimgehen, damit ich auch mal mit meinen Freunden an den Computer kann – vielleicht haben sie ein paar gute Spiele raufgeladen – nicht nur für Kleinkinder, sondern auch was für uns.
„ Ja, dann lass halt einen andern ran, wenn du keine Ahnung hast. Das gibt’s doch gar nicht.“
Na, endlich kann man auch mal an die Kiste ran. Zwar nicht mehr lange, weil ich dann bald heimgehen muss, aber besser so, als gar nicht.
Vielleicht spielen wir das nächste Mal Karten oder so ´was. Möglichkeiten haben wir hier ja genügend. Auf alle Fälle werde ich am nächsten Freitag besser Schießen, als heute.
Aber jetzt muss ich schnell heimgehen, damit ich keinen Anschiss bekomme und wieder her darf.
Alles in allem war es heute wieder ganz schön – nur die Zeit ist viel zu schnell vergangen.